„Wie lernen die Frauen Politik verstehen?“ (Helene Lange, 1912)
oder
Wie entstand der internationale Frauentag?
Anlässlich des internationalen Frauentages am 8. März 2018 möchte ich den Ursprung und die Entstehung dieses Tages einmal genauer beleuchten.
Der Internationale Frauentag ist ein Welttag, der am 8. März begangen wird. Er entstand als Initiative sozialistischer Organisationen der USA in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und die Emanzipation von Arbeiterinnen. Die Idee für die Einführung eines internationalen Frauentages kam also aus den USA. Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin griff diese Idee auf und schlug auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen dann die Einführung eines internationalen Frauentages vor. Zusammen mit der deutschen Sozialistin Käthe Duncker forcierte sie schließlich den Beschluss. Der erste Frauentag wurde dann am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert. Mit der Wahl des Datums sollte der revolutionäre Charakter des Frauentags hervorgehoben werden, denn der Vortag, der 18. März, war der Gedenktag für die Gefallenen während der Märzrevolution 1848. Am 8. März 1917 – nach dem damals in Russland verwendeten julianischen Kalender der 23. Februar – streikten in Petrograd die Bewohnerinnen der armen Stadtviertel auf der Wyborger Seite. Arbeiterinnen, die Ehefrauen von Soldaten und erstmals auch Bäuerinnen gingen gemeinsam auf die Straße und lösten so die Februarrevolution aus. Zu Ehren der Rolle der Frauen in der Revolution wurde auf der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen 1921 in Moskau auf Vorschlag der bulgarischen Delegation der 8. März als internationaler Gedenktag eingeführt. Nach anderer Darstellung war es nach Aufforderung von Alexandra Kollontaj und anderen Vorkämpferinnen Lenin, der in diesem Jahr, 1921, den 8. März zum „Internationalen Frauentag“ erklärte. Über den Ursprung des Internationalen Frauentages am 8. März gibt es verschiedene Theorien und Deutungen. Das allumfassende Thema der ersten Jahre war die Forderung nach dem freien, geheimen und gleichen Frauenwahlrecht. Dieses Anliegen fußte auf den Erklärungen der Sozialdemokratie, die sich als einzige Partei vor 1900 für ein Frauenwahlrecht ausgesprochen hatte um die Chance der Vergrößerung ihrer Anhängerschaft zu ermöglichen. Die Jahre danach gehörte die sozialistische Bewegung zu einem wichtigen Teil der Propaganda- und Aufklärungsarbeit der SDP. Nach dem ersten Weltkrieg wandelte sich diese Aufgabe zu einem Aktionstag gegen den Krieg. Am 30. November 1918 trat in Deutschland das Reichswahlgesetz mit dem allgemeinen aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen in Kraft. Am 19. Januar 1919 konnten Frauen zum ersten Mal in Deutschland reichsweit wählen und gewählt werden.
In einem Originaldokument des Jahres 1928 namens „Die Frauenbewegung: Geschichte, Probleme, Ziele“ schreibt Helene Lange unter anderem über die Träger, die Idee und die Ziele der Frauenbewegung. Sie empfand die „gewöhnlichen […] (Rede-) Wendungen […] in keiner Weise getroffen“. „Gleichberechtigung der Geschlechter, Rechte für die Frau, bessere wirtschaftliche Bedingungen, bessere Bildungsmöglichkeiten, Weiberherrschaft“ als „Idee, […] letztes Ziel“ empfand sie als zu oberflächlich und sieht das Problem „viel tiefer“ liegend. Ihre Idee der Frauenbewegung interpretierte sie aus den Worten von Louise Otto: „Und wenn man überall vergessen sollte, an die armen Arbeiterinnen zu denken – ich werde sie nicht vergessen“ – Helene Lange: „Sie sprach aus, daß die soziale Weltordnung erst in das Gleichgewicht gebracht werden kann, wenn Frauen verantwortlich mitdenken und mithandeln.“ Sie betonte, die Idee der Frauenbewegung habe ihren „schönsten Ausbruch in den Worten […]“ des Dichters R. Dehmel gefunden, welche heutzutage zwar kritisch aber dennoch interessant zu betrachten sind:
„O Völker o dürften doch endlich
Frauenhände euch lenken helfen!
Ach, wie reich, Vaterland,
fändest du in Blüte,
hielten die Mütter die Hand über dein Leben!“
Das Werk Helene Langes und einige andere zählen zu den ältesten Archivalien des Alice Salomon Archives und ermöglichen einen völlig anderen Zugang zu der Geschichte, die noch heute einen Welttag so intensiv prägt.
Marie Claire Hellenkamp
(Studentische Beschäftigte im Alice Salomon Archiv)
Quelle: Die Frauenbewegung (1928) – Y.F-47 Inv.Nr. 1223 (Genutzte Seiten: 5-11)