Die folgende Übersicht berücksichtigt neben persönlichen Daten vor allem die sozial- und frauen-politischen und die organisatorischen Aktivitäten Alice Salomons sowie ihre Vortragstätigkeit, beschränkt auf Grundsatzreferate und einflussreiche Reden. Daten zu ihrer schriftstellerischen Tätigkeit sind nur vereinzelt aufgenommen, sie ergeben sich aus der Bibliografie der Schriften Alice Salomons.1
19. April 1872
Alice Salomon wird in Berlin geboren, als fünftes von sieben Kindern, von denen eines bereits vor 1872 gestorben war; der Vater, Albert Salomon (*1832), war Kaufmann mit einer Niederlassung in London; die Mutter, Anna Salomon (*1838), kam aus der Breslauer Bankiersfamilie Potocky-Nelken
1878-1887
Besuch der Zimmermannschen höheren Töchterschule
1880
Tod des 1861 geborenen Bruders Karl durch Diphtherie
1886
Krankheit und Tod des Vaters; die Familie zieht aus dem Haus am Anhalter Bahnhof in eine Mietwohnung in der Schillstraße in Berlin
1889
Tod der 1875 geborenen Schwester Edith durch Diphtherie; Zusammenbruch der Mutter
1893
Mitglied der neu gegründeten “Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit” in Berlin Mitarbeit in einem Mädchenhort, in der Auskunftsstelle für soziale Fragen der Deutschen Gesellschaft für Ethische Kultur (heute: Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen)
1895
Schriftführerin der Mädchen- und Frauengruppen und persönliche Sekretärin von Jeannette Schwerin
1896
Teilnahme am Internationalen Kongress für Frauenwerke und Frauenbestrebungen in Berlin 1896 Erste Englandreise zu Studienzwecken erste namentlich gekennzeichnete Veröffentlichung eines Zeitschriftenartikels
1898
Mitwirkung bei der Gründung des ersten Arbeiterinnenklubs in Berlin; Vertretung von Jeannette Schwerin auf der Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine in Hamburg Beginn der Vortragstätigkeit in Frauenklubs und -vereinen
1898-1906
Mitglied, Schriftführerin (ab 1900) und Vorsitzende (ab 1902) der Kommission für Arbeiterinnenschutz des Bundes deutscher Frauenvereine
1899
Zweite Englandreise, Rede auf dem Internationalen Frauenkongress in London in Vertretung der erkrankten Jeannette Schwerin, Bekanntschaft mit Beatrice Webb und Lady Aberdeen
Juli 1899
Tod von Jeannette Schwerin; Wahl zur Vorsitzenden der Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit
Oktober 1899
Eröffnung des ersten Jahreskurses der Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit, Beginn der systematischen Ausbildung für die soziale Arbeit in Deutschland
1900
Vorstandsmitglied des Bundes Deutscher Frauenvereine: bis 1910 Schriftführerin, dann bis 1920 stellvertretende Vorsitzende
1901
Mitarbeit am zweiten Band des Handbuchs der Frauenbewegung “Frauenbewegung und soziale Frauenthätigkeit in Deutschland”, herausgegeben von Helene Lange und Gertrud Bäumer
1902
Beginn des Studiums der Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin
Dezember 1903
Befragung der streikenden Crimmitschauer Textilarbeiterinnen
1904
Mitarbeit bei Organisation und Durchführung des Internationalen Frauenkongresses in Berlin Mitarbeit am Heimarbeiter-Schutz-Kongress in BerlinTeilnahme an der Konferenz “Fürsorge für die ledige, […] weibliche Fabrikarbeiterschaft” der Zentralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen (später: Zentralstelle für Volkswohlfahrt)
1906
Mitarbeit an der Heimarbeitsausstellung in Berlin Promotion zum Dr. phil. mit einer Arbeit über “Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit”Teilnahme am Internationalen Armenpflegekongress in Mailand
1907
Wahl in den Vorstand der Zentralstelle für Volkswohlfahrt Mitarbeit bei der Konferenz zur Förderung der Arbeiterinneninteressen Wahl in den Hauptausschuss des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit
1908
Teilnahme an der Generalversammlung des Bundes Deutscher Frauenvereine in Breslau Grundsatzreferat über Mutterschutz und Mutterschaftsversicherung auf der 28. Jahresversammlung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit Eröffnung der Sozialen Frauenschule in Berlin erste interkonfessionelle zweijährige Ausbildung in Deutschland 1908-1925/27 Leitung der Sozialen Frauenschule
1909
Rede auf einer Großveranstaltung des Ständigen Ausschusses zur Förderung der Arbeiterinneninteressen zum Thema “Heimarbeit und Lohnfrage” erste Reise nach Kanada und in die USA Vorstandsmitglied und Schriftführerin des Internationalen Frauenbundes/International Council of Women; enge Zusammenarbeit und Freundschaft mit der Vorsitzenden Lady AberdeenVeröffentlichung ihres ersten Lehrbuchs “Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Ein Lehrbuch für Frauenschulen”
1909/1910
Vorsitzende der Kommission zur Reorganisation des Bundes deutscher Frauenvereine
1910
Organisation der Sitzung des engeren Vorstandes des Internationalen Frauenbundes in Innsbruck Teilnahme an der Generalversammlung des Bundes Deutscher Frauenvereine in Heidelberg Initiierung der Konferenz der Jugendgruppen und Gruppen für soziale Hilfsarbeit
1911
Organisation der Sitzung des Gesamtvorstands des Internationalen Frauenbundes in Stockholm
1912
Mitarbeit an der Ausstellung “Die Frau in Haus und Beruf” und an der Leitung des “Deutschen Frauenkongresses” Organisation der Sitzung des engeren Vorstandes des Internationalen Frauenbundes in Dublin Teilnahme an der Generalversammlung des Bundes Deutscher Frauenvereine in Gotha
1912-1919
Gründung und Vorsitz des “Verbandes der Jugendgruppen und Gruppen für soziale Hilfsarbeit”
1913
Organisation der Sitzung des Gesamtvorstands des Internationalen Frauenbundes in Den Haag Teilnahme am Internationalen Frauenkongress in Paris
1913-1919
(?) Vorsitzende der Fachkommission “Pflege der weiblichen Jugend” bei der Zentralstelle für Volkswohlfahrt
1914
Tod der älteren Schwester Käthe
Mai 1914
Organisation der Generalversammlung des Internationalen Frauenbundes in Rom, anschließend Aufenthalt in Irland bei Lady Aberdeen
August 1914
Übertritt zum Protestantismus in Irland
September 1914
Rückkehr nach Deutschland
Oktober 1914
Einweihung des neuen Schulhauses der Sozialen Frauenschule
Dezember 1914
Tod der Mutter
1915
Referat auf der Tagung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit zum Thema “Soziale Fürsorge für Kriegerwitwen und Kriegerwaisen” Organisation und Leitung der Fürsorgestelle für Angehörige der freien Berufe im Nationalen Frauendienst Referat auf der Jugendpflegekonferenz der Zentralstelle für Volkswohlfahrt
1916
Referat auf der Kriegstagung des Bundes Deutscher Frauenvereine in Weimar
1917/1918
Leiterin der Frauenabteilung des Kriegsamts in den Marken
1917-1933
Gründung der Konferenz der Sozialen Frauenschulen Deutschlands und deren Vorsitzende
1918/20
Staatliche Anerkennung der Ausbildung an den Sozialen Frauenschulen
1920
Niederlegung der Ämter im Vorstand des Bundes deutscher Frauenvereine aufgrund des Verbots, am ersten internationalen Nachkriegstreffen des International Council of Women in Oslo teilzunehmen, und aufgrund verstärkter antisemitischer Einstellungen im Bund deutscher Frauenvereine Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden des Internationalen Frauenbundes
1921
Referat über sittliche Ziele und Grundlagen der Wohlfahrtspflege auf dem 37. Deutschen Fürsorgetag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Mai 1923
Vortrag “The Relation of the Church to Social Workers” auf der 50. Jahrestagung der National Conference of Social Work in Washington D. C. 1924 Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten
Oktober 1924
Referat über die “Vereinheitlichung des Lehrstoffs an den Wohlfahrtsschulen” auf der Konferenz des Preußischen Ministeriums für Volkswohlfahrt über “Grundsätzliche Fragen zur Ausgestaltung der staatlich anerkannten Wohlfahrtsschulen”
1925
Integration der Sozialen Frauenschule in das Pestalozzi-Fröbel-Haus; Übergabe der Leitung der Sozialen Frauenschule an Dr. Charlotte Dietrich
Mai/Oktober 1925
Gründung und Eröffnung der Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit
1926
Einrichtung einer Forschungsabteilung an der Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit mit dem Schwerpunkt “Familienforschung” Herausgabe der Schriftenreihe der Akademie (1926-29) und der “Forschungen über Bestand und Erschütterung der Familie in der Gegenwart” (1928-33)
1928
Ernennung zum Ehrenmitglied durch den Vorstand des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge der Bund Deutscher Frauenvereine verweigert aus Rücksicht auf antisemitische Stimmungen die Nominierung für die Präsidentschaftswahl des International Council of Women
Juli 1928
Teilnahme an der ersten Internationalen Konferenz für Soziale Arbeit in Paris, Leitung der Sektion “Ausbildung zur sozialen Arbeit”
Oktober 1928
Vortrag “Die Wohlfahrtsschule in der sozialen Entwicklung unserer Zeit” auf der Lehrplankonferenz des Preußischen Ministeriums für Volkswohlfahrt Konzipierung von Forschungen zu “Bestand und Auflösung der Familie”
Juni 1929
Gründung des Internationalen Komitees Sozialer Schulen (später: International Association of Schools of Social Work/IASSW) in der Sozialen Frauenschule in Berlin
1929-1937
Vorsitzende des Internationalen Komitees Sozialer Schulen
1930
Veröffentlichung der Untersuchung “Das Familienleben in der Gegenwart” zusammen mit Marie Baum, erster Band der Forschungen der Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit
1930-1933
Herausgabe weiterer 12 Bände der Forschungsreihe September
1931
Vortrag “Forschungen über Bestand und Erschütterung der Familie in der Gegenwart” auf dem “Congresso Internazionale per gli Studi sulla Popolazione” in Rom
April 1932
60. Geburtstag, Verleihung des Dr. med. h. c. der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und der preußischen Staatsmedaille; die Soziale Frauenschule erhält den Namen “Alice-Salomon-Schule”, Wahl in den Beirat des Bundes Deutscher Frauenvereine
Juli 1932
Vortrag “Die Familie in der privaten Fürsorge” auf der Zweiten Internationalen Konferenz für soziale Arbeit in Frankfurt am Main; Leitung der ersten Konferenz des Internationalen Komitees Sozialer Schulen
1933
Verlust aller öffentlichen Ämter in Deutschland, erfolglose Versuche der NS-Behörden, auch die internationalen Ämter zu annullieren; Gründung eines Hilfskomitees für Emigranten
5. Mai 1933
Schließung der Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit wegen einer drohenden Durchsuchung durch die SS
1933-1936
Leitung der Vorstandssitzungen, Mitgliederversammlungen und Sommerkurse des Internationalen Komitees Sozialer Schulen (Genf 1933, Brüssel 1934, Bentveld/Holland 1935, London 1936)
1934-1937
Kontakt zur Bekennenden Kirche in Berlin-Dahlem
1934-1935
Durchführung einer international vergleichenden Studie über die soziale Ausbildung mit Studienaufenthalten in Genf, gefördert von der Russel Sage Foundation
1935
Generalversammlung des International Council of Women in Paris, Alice Salomon erhält keine Reisegenehmigung; Veröffentlichung einer biografischen Skizze über Bertha von Suttner und Jane Addams in Norwegen
Juli 1935
Bestätigung als Vorsitzende des Internationalen Komitees Sozialer Schulen in Holland, die deutschen Wohlfahrtsschulen erklären daraufhin ihren Austritt
Juni 1936
Letztmalige Leitung einer Sitzung des Internationalen Komitees Sozialer Schulen (in London); Treffen mit dem japanischen Sozialarbeitsdozenten Kiyoshi Ikegawa (japanische Veröffentlichung dazu mit Auszügen aus Alice Salomons “Jugend- und Arbeitserinnerungen” 1954)
1936
Veröffentlichung der Biografiensammlung “Heroische Frauen” in Zürich, gewidmet ihren sechs “Enkelnichten”
Oktober 1936 bis Februar 1937
Vortragsreisen durch die USA 1937 Veröffentlichung der Studie “Education of Social Work. A Sociological Interpretation based on an International Survey” in Zürich
26. Mai 1937
Mehrstündiges Verhör durch die Gestapo und Ausweisung aus Deutschland
12. Juni 1937
Emigration zunächst nach England
16. Juni 1937
Niederschrift eines mehrseitigen Gedächtnisprotokolls über das Gestapoverhör
3. September 1937
Niederlegung des Vorsitzes des Internationalen Komitees Sozialer Schulen, Beginn der Niederschrift der Lebenserinnerungen
28. September 1937
Emigration in die USA; Wohnsitz in New York
10. Oktober 1937
Übertragung des Ehrenvorsitzes des Internationalen Komitees Sozialer Schulen auf der Sitzung in Brüssel in Abwesenheit; Lady Aberdeen und das Internationale Komitee Sozialer Schulen richten einen Hilfsfonds für Alice Salomon ein.
Mai bis September 1938
Letzte Reise nach Europa 1939 Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit (Januar) und des Doktortitels (April) (1997 erklärt die Humboldt-Universität zu Berlin die Aberkennung für nichtig.)
Mai 1939
Verleihung einer Medaille für humanitäre Verdienste durch die West-Side YMCA
Juli 1939
Ankündigung ihrer Teilnahme an Mitgliederversammlung und Sommerkursen des Internationalen Komitees Sozialer Schulen für 1940, im September 1939 stellt das Komitee seine Arbeit ein.
1939
Begrenzte Wiederaufnahme ihrer Vortragstätigkeit in den USA 1941 Teilnahme an der National Conference of Social Work in Atlantic City, Beitrag über “Die Auswirkungen des Nazi-Regimes auf die Familie”
April 1942
Öffentliche Würdigungen zum 70. Geburtstag in den USA; Geburtstagsfeier mit ehemaligen Schülerinnen im Henry Street Settlement in New York 1944 Abschluss der Niederschrift der Lebenserinnerungen August 1944 Erhalt der amerikanischen Staatsbürgerschaft
30. August 1946
Erste Nachkriegssitzung des Internationalen Komitees Sozialer Schulen/International Association of Schools of Social Work in Brüssel (ohne Teilnahme deutscher Schulen), Alice Salomon wird in Abwesenheit zur Ehrenpräsidentin gewählt
1946-1948
Verhandlungen zur Veröffentlichung der Lebenserinnerungen bei der Chicago University Press, Redigierung und Kürzung des Manuskripts durch einen Lektor; es kommt nicht mehr zum Vertragsabschluss; Übergabe des ungekürzten Manuskripts der Lebenserinnerungen an Emmy Wolff in England zur Übersetzung und Veröffentlichung; das Manuskript bleibt unübersetzt und unveröffentlicht
1947
Erste Nachkriegskonferenz des International Council of Women in Philadelphia, Alice Salomon wird in Abwesenheit zur Ehrenpräsidentin gewählt
1948
Besuch Isa Gruners, einer Vertrauten Anna von Gierkes
1934
Schließung “Vereins Jugendheim” in Berlin-Charlottenburg
30. August 1948
Alice Salomon stirbt in New York
Zusammengestellt von Dr. Adriane Feustel
1Vgl. Adriane Feustel: Das Konzept des Sozialen im Werk Alice Salomons. Berlin: Metropol, S. 243-252; Adriane Feustel (Hrsg.): Die Schriften Alice Salomons. Bibliographie 1896-2004, Berlin 2004.