„Radikalenerlass“ und „Berufsverbote“ in den 1970er/80er Jahren in West-Berlin – Zeitzeug:innen für Interviews gesucht

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat eine Studie zu den Auswirkungen des sogenannten Radikalenerlasses in West-Berlin in Auftrag gegeben. Das von drei Zeitgeschichtsprofessuren der Berliner Universitäten getragene Projekt sucht nun nach Zeitzeug*innen, die über diesbezügliche Erfahrungen, “auch die vermeintlich kleinen Disziplinierungsversuche“, Auskunft geben. Das ASA möchte insbesondere diejenige Menschen über die Studie informieren und zur Teilnahme motivieren, die in den 1970er und 1980er Jahren in West-Berlin Soziale Arbeit studiert haben oder sich in der Ausbildung befanden oder in einschlägigen Berufen arbeiteten. Daher teilen wir im Folgenden den Aufruf und den Kontakt der Forscher*innengruppe:

Waren Sie selbst oder Ihnen nahestehende Personen aufgrund des sogenannten Radikalenerlasses in West-Berlin von Disziplinierungen bis hin zum Berufsverbot bedroht oder betroffen? Wurden Sie als Bewerber:in für eine Stelle im öffentlichen Dienst zu einer Anhörung geladen, um Zweifel an Ihrer Verfassungstreue auszuräumen? Wurden Ihnen Erkenntnisse mitgeteilt, dass Sie nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ständen? Vermuten Sie, dass Sie eine Stelle nur aufgrund Ihres politischen Engagements nicht erhielten? Haben Sie von sich aus entschieden, eine Stelle im öffentlichen Dienst gar nicht erst zu suchen, da Sie fest mit einem Berufsverbot rechneten? Wurden Sie aus politischen Gründen zu Dienstgesprächen geladen? Dann sind Sie die passende Person für ein Forschungsprojekt an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Freien Universität Berlin!

Am 2. September 2021 hat das Abgeordnetenhaus den Senat aufgefordert, „…sicherzustellen, dass die auf der Grundlage des Radikalenerlasses vom 28. Januar 1972 erteilten Berufsverbote und deren Folgen für die Betroffenen wissenschaftlich aufgearbeitet und die Ergebnisse in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht werden.“ Das Forschungsprojekt „Der Radikalenerlass in West-Berlin: Entstehung – Wirkung – Folgen“ unter Leitung von Prof. Gabriele Metzler, Prof. Paul Nolte und Prof. em. Martin Sabrow kommt diesem Auftrag seit Januar 2024 nach.

Wer an der Befragung teilnehmen möchte, kann sich – vorzugsweise per E-Mail – mit dem Historiker Jan-Henrik Friedrichs in Verbindung setzen, der bereits zum Radikalenerlass in Bremen geforscht und publiziert hat. „Mich interessieren auch die vermeintlich kleinen Disziplinierungsversuche und die ganz unterschiedlichen Versuche, diese zu vermeiden oder darauf zu reagieren“, so Friedrichs. Die Interviews werden auf Wunsch anonymisiert.

Kontakt

Dr. Jan-Henrik Friedrichs

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Radikalenerlass in West-Berlin“

https://hu.berlin/jhfriedrichs

Email: jan-henrik.friedrichs@hu-berlin.de

Tel.: 030-20 93 70 610

Quelle Abbildung: Dr. Jan-Henrik Friedrichs