Online-Plattform zu Selbstzeugnissen über Verfolgung
Auf der Online-Plattform zu Selbstzeugnissen, die von Verfolgung berichten, besprechen Gastautor:innen in regelmäßigen Abständen einzelne Selbstzeugnisse, deren Hintergründe und Erkenntnispotentiale.
Zu den ersten Beiträgen der Plattform zählt ein Beitrag über einen Brief von Dora Bernhard aus den Beständen des Alice Salomon Archivs. Diesen Brief hatte die als Angehörige einer teilweise jüdischen Familie verfolgte Dora Bernhard 1958 – fast ein Vierteljahrhundert nach ihrer Vertreibung – an ihre frühere Kollegin Ingrid Roeder gerichtet. Roeder hatte nach der Machtübertragung an die Nationalsozialist*innen die Stelle der Sekretärin der Sozialen Frauenschule von Ilse Vahlen übernommen, die – genau wie Bernhard – “aus rassischen Gründen” aus ihrer Anstellung vertrieben worden war.
Dora Bernhards Brief, den sie schrieb, weil sie ein sogenanntes Entschädigungsverfahren angestrengt hatte, zeugt von den Ambivalenzen, mit denen sie es infolge dieser Vertreibungserfahrung zu tun hatte. Einerseits sucht sie neuen Kontakt zu der “immer lebendig gebliebenen Vergangenheit” und wünscht sich “persönlichen Kontakt.” Andererseits muss sie die Adressierte im Kontext der Vertreibung ansprechen, die diese mindestens gebilligt hatte.
Diesen und andere Beiträge des Portals betonen den Eigenwert von Selbstzeugnissen für die historische Forschung zu Verfolgung und stellen unterschiedliche geeignete Quellen und Bestände vor.